Meine Geschichte als St. Martin

Meine Name ist Martin und ich wurde um 316/317 im heutigen Ungarn geboren. Weil mein Vater Offizier war, musste ich auch Soldat werden – damals war das so. Aber schon bald wurde ich selbst Offizier und gehörte zur Garde, Elitesoldaten, die überallhin geschickt wurden, wo es gefährlich war.

Um 334 war ich in Amiens in Gallien, dem heutigen Frankreich, stationiert, wo die Germanen die Römer zu besiegen drohten. In dieser Zeit bereitete ich mich auf den Empfang der Taufe vor, denn ich war noch kein Christ. Und zu genau dieser Zeit passierte auch das, wovon heute noch Klein und Groß erzählen und singen:

Eines Abends als ich an einem bitterkalten Winterabend zum Stadttor kam, traf ich auf einen fast nackten und halb erfrorenen Bettler, an dem alle achtlos vorbeihasteten. Ich hatte zwar absolut hatte kein Geld und kein Gut, um dem armen Mann in dieser Not zu helfen. Aber kurz entschlossen nahm ich meinen Militärmantel, einen warmen Wollumhang, und teilte ihn mit dem Schwert in zwei Teile. Die eine Hälfte gab ich dem Bettler, der sich damit wärmen konnte.

Als das die Leute mitbekamen was ich getan hatte, lachten die sie über mich und meinen halben Mantel. Und auch von meinen Vorgesetzten bekam ich mächtig Ärger. Ich bekam eine Anzeige und Bestrafung wegen Beschädigung von Militäreigentum. Aber mir war das egal und ich nahm das hin, weil ich wusste: Ich hatte einem Menschen das Leben retten dürfen. Bis hierhin war das Ganze eine gute Tat. Aber es wurde noch zu viel mehr.

In einer Nacht hatte ich einen Traum. Mir erschien Jesus inmitten seiner Engel. Und Jesus trug den halben Mantel und zeigte auf ihn und sagte: „Martin, der Du noch nicht getauft ist, Du hast mich mit diesem Mantel bekleidet.“

Da begriff ich, dass ich richtig gehandelt hatte. Ich hatte den Bettler so behandelt, wie Jesus ihn selbst behandelt hätte. Damit hatte ich wie ein Christ gehandelt, der von Jesus selbst weiß: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Matthäus 25,40). Der Bettler war also Jesus selbst gewesen! Ich war völlig baff... Daraufhin ließ ich mich schleunigst taufen und trat bald aus der Armee aus und wurde Priester. Als erster Christ, baute ich in Gallien ein Kloster und sammelte Männer um mich, die wie ich als Mönch leben wollten. Zusammen lebten wir vor, wie ein Christ leben soll: persönlich anspruchslos, dem Nächsten gegenüber liebevoll und hilfsbereit, und als Mönch warb ich für meinen Glauben.

Als dann der damalige Bischof von Tours starb, sagten sich die Menschen: Es gäbe keinen würdigeren Nachfolger als mich. Aber die Bischöfe der Umgebung hatten einen anderen Kandidaten. Jedoch setzten sich die Leute durch, dass ich es werden sollte und darüber freute ich mich sehr, weil ich durch mein Leben in Einfachheit für sie überzeugender war als alle Gegenkandidaten.

 

Im Jahre 371 wurde ich ein tatkräftiger, überzeugender Bischof, der sich nicht hinter seinem Amt versteckte, sondern sich für die Armen und Kleinen, die Entrechteten und Unterdrückten stark machte.

Die Ausrüstung...

Von der Lichterprozession zum Laternenumzug

Martin starb 397 nach einem langen und anstrengenden Leben im Alter von etwa 80 Jahren. Er wurde schon unmittelbar nach seinem Tod als Heiliger verehrt. Zahlreiche Legenden rankten sich um sein Leben. Martins Mantelteil wurde als Reliquie verehrt und als Siegeszeichen in die Kriege mitgeführt. Das Königsgeschlecht der Merowinger machte Martin zu seinem Hausheiligen, dem es überall neue Kirchen weihte. Auf sie gehen die uralten Martinskirchen im Nordwesten und Südwesten Deutschlands zurück.

Und weil man Martins Gedächtnis in der Kirche mit einer Lichterprozession am Vorabend des Festes feierte, übernahmen die Menschen die Lichtsymbolik auch außerhalb der Kirche: Martinsfeuer, gutes Essen und Trinken wurden zum Brauch. Und wo gut gegessen und getrunken wird, haben auch die Kleinen und Jungen ein Recht: das „Heischrecht“, d. h. sie dürfen heischen, gripschen, schnörzen oder wie es noch anders heißt. Und dabei wird natürlich gesungen. Belohnt wird beim Heischen, wer von Martin erzählen kann und damit begründet, warum er als „Geringster“ etwas bekommen soll. Die ganz Cleveren wissen noch mehr: Sie teilen das Gesammelte mit denen, die nicht heischen können und nichts bekommen, denen es nicht so gut geht.

 

Und weil sie teilen, ziehen sie nicht nur im Martinszug hinter dem heiligen Martin her, sondern sie folgen ihm in ihren Taten nach: Wie Martin teilen sie mit Bedürftigen. Mehr als 1600 Jahre nach Martins Tod wirkt seine gute Tat noch nach. Wenn das kein Beispiel zum Nachahmen ist!

Quelle: www.bistum-essen.de